Stoffspielerei (68) - Mariano Fortuny und die Falten

Falten  haben schon immer begeistert und ziehen sich durch die Kostümgeschichte der Jahrhunderte über den ganzen Erdball, sowohl beim einfachen Volk in Festtagstrachten, als auch beim Adel, findet man dafür etliche Beispiele. Es geht eine Faszination davon aus.

 
Ein Besuch im MAK Wien im April ließ mich diese verrückten feingefälteten Röcke aus China bewundern bei einer Sonderausstellung zum Thema "Falten".


Anfang des letzten Jahrhunderts hat ein begabter spanischer Kreativer mit Seide experimentiert und plissierte Roben geschaffen, die heute zu horrenden Preisen gehandelt und gesammelt werden
Man hat versucht immer wieder mit Hilfe der technischen Möglichkeiten Stoffe zu behandeln, um diesen Ausdruck zu erreichen. Nie konnte diese Natürlichkeit für die Masse erreicht werden, die die Körperformen so elegant betont haben. Mit Perlen verschlossen und damit verhindert, dass eine Naht den natürlichen Knitterfall beeinflußt.

 
Von einzwängender Unterkleidung wie Corsett befreit, formten die Kleider den Körper nach, so wie er es evtl. bei griechischen Statuen gesehen haben mag.
 

Zu Mariano Fortuny habe ich in diesem Post schon mal geschrieben und bin immer wieder fasziniert. Ob er der Ausgangspunkt des immer wiederkehrenden Themas ist, kann man nur mutmaßen. Es ist eben eine Stoffmanipulation, die wieder und wieder herausfordert.



In meinem Fortuny-Buch ( 1998 Thames and Hudson) gibt es diese Zeichnung der Mechanik für die Knittertechnik der Seide. Lange Jahre wurde immer angegeben , man sei nicht hinter die Technik gekommen, weil sie geheim gehalten wurde. Die Falten sind ultrafein und ob es noch unbekannte Tinkturen gab, um sie permant zu machen, weiß ich nicht zu beantworten. Früher wurde sowieso eher Leib- und Tischwäsche gewaschen und anderes gelüftet und gebürstet. Seine frz. Frau Henriette befasste sich mit Färbungen und textilen Oberflächen. Wie hoch ihr Anteil des Fortunischen Erfolges ist, kann man nur mutmaßen.
Leider gibt es auf dem deutschen Markt nach meinem Wissen kein Buch über ihn.

Seit geraumer Zeit begeistern Falten wieder in der aktuellen Mode besonders junge Frauen. Wenn man sie selbst noch nicht hat, trägt man sie wohl recht gern. In vielen Journalen und Kathalogen finden sich plissierte Modelle wie z.B. dieses von Madeleine, G.M.Kretschmar (wegen Markennennung muß ich es wohl als Werbung einstufen!?)

Plissee-Strickkleid mit Glitzergarn                                                                           Guido Maria Kretschmer Collection Wide Leg Hose 'Saphia' in Braun: predná strana

 

Die Permanenz der Falten geht nur mit einem großen Anteil Polyester, was bei Trägern zwiespältige Haltungen und Gefühle hervorruft. Heute muß alles waschbar sein!
Mit heißem Brot fixierte BW-Falten z.B. wurden natürlich nicht gewaschen und nur an Festtagen getragen. Zu Zeiten, als Kleidung so viel wert war, dass sie vererbt wurde.

Die oben gezeigten chinesischen Röcke wurden z.B. mit Tierleim, Eiweiß, Pflanzenextrakten und manchmal mit Schweineblut bearbeitet und über fässer gespannt, um Farbe und Struktur zu erhalten.

Die Geschichte allgemein des Plissees kann man hier sehr gut einsehen mit großen Bildmaterial.

Fortuny war auch universell unterwegs, Theaterkulissen, Teppiche, Gestaltung von Innenräumen, Lampen und einiges mehr. Er muß ein großer Tüflter gewesen sein mit hohem ästhetischen Anspruch. Sehr viele Patente hat er angemeldet.

Die Fotunylampe ist legendär , für uns heute sicher exotisch und extravagant. Teilweise wird sie noch gefertigt. Vor Jahren las ich einen Venedigkrimi ( leider weiß ich den Titel nicht mehr.), indem diese Lampen eine ganz besondere Rolle spielten.

Es gibt einen venizianischen Shop, der die Fortunysche Tradition versucht, am Leben zu erhalten.

Dieses interessante Thema hat tyche ins Feld geworfen und bei ihr könnt ihr weitere Beiträge finden. 

 

Die Stoffspielereien

Mach mit, trau dich, sei dabei! Die Stoffspielereien sind offen für alle, die mit Stoff und Garn etwas Neues probieren wollen. Es geht ums Experimentieren und nicht ums Perfektsein, denn gerade aus vermeintlich „misslungenen“ Experimenten können wir im Austausch jede Menge lernen. Lass dich gerne vom monatlich vorgegebenen Thema inspirieren und zeig deine Ideen dazu.
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  • 29.10.2023: „Mosaik/Bruchstücke“ bei zwisch-en-durch
  • 26.11.2023: „Schneeflocken“ bei Stoffnotizen


  • 7 Kommentare:

    1. Nein, ist das witzig! Unlängst habe ich bei einem Besuch im MAK genau die gleichen gefältelten Röcke fotografiert! (Bot sich ja an, in der Ausstellung.) Faszinierend, diese minikleinen Fältelungen. Toll, dass du das zeigst. Liebe Grüße, Gabi

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    2. Spannend und schade, dass es nur mit Kunstfaser-Anteil funktioniert. Vor Jahren hatte ich mir mal so einen ähnlichen Stoff in weiß gekauft für ein Oberteil, allerdings nie genäht da meiner irgendwie sperrig fällt.
      LG Ute

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    3. In der Vorschau dachte ich, es handle sich um Hüte ;-) Als Röcke sind die Teile auch sehr spannend. Plissée ist ja gerade wieder recht in, auch alle Assistentinnen im Büro hatten letzte Woche an einem Tag Plisséerock mit weißem Oberteil an. Fand ich recht lustig. Selbst habe ich ein etwas gespaltenes Verhältnis dazu, wurde ich doch als Kind lange in einen Faltenrock gezwungen, den ich absolut nicht mochte. Dabei kann man so tolle Sachen mit Falten machen, wie du auch teilweise zeigst. Von Fortuny kenne ich recht wenig, obwohl mir der Name natürlich was sagt. Jetzt muss ich gleich mal die Lampe googeln, ob es die ist, die ich vor meinem inneren Auge habe.
      Liebe Grüße, heike

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      1. Ja, leider sind solche Kindheitserinnerungen sehr prägend. Plissee kannn grandios aussehen, aber auch absolut tantig, leider.
        Die andersfarbigen Worte sind immer mit einem Link unterlegt! Die Lampen wären also über die Fortunysche Tradition oben im Text zu finden.

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    4. Prima, passt zu meinem Beitrag über die Antike oder besser gesagt, auf diese Kleider wird immer Bezug genommen, wenn über antike Mode geschrieben und geforscht wird. Ich hab es nicht erwähnt , umso erfeulicher , dass du diesen schönen Beitrag geschrieben hast. Liebe Grüße, Silvia von Petersilie&Co

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    5. Interessant zu lesen! Im Gegensatz zu dir, mochte ich Faltenröcke noch nie, habe mich früher immer geweigert, welche zu tragen. Ich erinnere mich an meine Mutter im weißen Plissee-Rock, es muss so in den 60ern gewesen sein...sie hat ihn geliebt! Jetzt muss ich doch mal kramen, ob ich nicht noch ein Foto finde! Liebe Grüße Ulrike

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      1. Tja, Faltenrock ist eben nicht gleich Faltenrock. Die Fortunykleider haben mit den Faltenröcken, die du meinst ,so gar nichts zu tun.

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    Ich freue mich, dass du dir die Zeit genommmen hast vorbei zu schauen und noch mehr über einen Kommentar. Danke!



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