Stoffspielerei 22 - März - mit Perlen stricken

Die Entscheidung für das Märzthema, seltenen Handarbeitstechniken fiel ziemlich schwer, weil es spannende Verarbeitungen von Fäden in der Geschichte gibt. Es sollte aber auch etwas sein, was man probieren kann ohne Monate zu üben. Da ich viel mit Glas arbeite, fiel die Auswahl auf Glasperlen und stricken in Kombination.

Das erste Mal habe ich verstrickte Perlen vor vielen Jahren in einem Heimatmuseum gesehen, eine winzige Taufmütze aus feinstem Garn mit Mustern aus weißen Perlen. Das war so fein gearbeitet, dass ich nur staunen konnte. Es müssen superdünne Nadeln gewesen sein und das Garn nicht viel stärker als ein starker Nähfaden. Später sah ich dann auch Beutel, Theatertäschchen mit Perlen, die gestrickt, gehäkelt und aufgestickt waren. Für das Stricken mit Perlen gibt es für Stulpen und Beutel eine lange Tradition, die vorrangig in Süddeutschland und in Österreich beheimatet ist.
Besonders in Österreich scheint diese Technik noch ein wenig aktiv zu sein. z.B.Hier
Bei meiner Recherche zum Thema bin auf diese Seite gestoßen. Unbedingt ansehen, denn dort kann man  eine tolle  Sammlung von alten Perlenbeuteln bewundern .(unter anderem auch so ein Babymützchen, welches mich damals so fasziniert hat!) Frau Flügel-Eber ist auf uralte Mustervorlagen zum Beutelstricken gestoßen, die in Sachsen in Annaberg-Bucholz von Bruno Schneider entworfen worden sind. Das Auffädeln auf das Garn, um Bilder zu erzielen, ist sicher eine kleine Strafarbeit und wehe wer sich verzählt.
Im April gibt sie in Regensburg sogar Kurse in dieser alten Technik.

Hier noch ein historisches Stück, welches mir sehr gut gefällt.

Perlenbeutel.
Sophie Taubener-Arp, Beutel um 1918 , Peter Schächli, Zürich (entnommen aus einem Ausstellungsbeitrag über S-T.-Arp)
 
Diese ungewöhnliche Tasche ist schon vom Art-deco geprägt, die meisten alten Exemplare sind eher mit Blumen oder ornamentalen Motiven geschmückt.

Ich selbst besitze nur ein defektes Täschchen in schwarz-weiß, aber das ist weder gestrickt, noch gestickt, sondern irgendwie gewebt. So in der Art wie wir als Kinder Untersetzer aus Glas- oder Holzperlen gemacht haben. Ob es für diese Technik einen Namen gibt, weiß ich nicht, denn Perlenweben funktioniert anders.

Über gestrickte historische Stulpen ließen sich zwei Bücher finden.
   

Dieses hier besitze ich jetzt, es ist sehr informativ, weil die Autorin aufwändig recherchiert hat.
Mit Perlen verstrickte Stulpen, die die verschiedenste Namen haben je nach Region wie z.B. Staucher, Stößer, Ärmlinge, Müffchen, Handschen, Rukawki (sorbisch)



lassen sich über Bildmaterial bis ins frühe 18. Jh. nachweisen. Sie wurden mit und ohnen Daumen gearbeitet, Ausnahmen sind komplette Handschuhe. Es gab sowohl ganz kurze, als auch ellenbogenlange Stulpen, die längeren wärmten auch in der kühleren Jahreszeit, da Oberteile oft nur bis zum Ellenbogen reichten. Der Aufwand der Arbeiten legt nahe, dass sie vorrangig zur Kirchgangs- und Festtagskleidung gehörten. Im süddeutschen, fränkischen und sorbischen Raum lassen diverse erhaltene Stücke finden.


Nach eigenem Entwurf wollte ich nun selbst Stulpen probieren. Rocailles habe ich ausreichend und dünne Wolle ließ sich auch finden. Gestrickt mit ganz feinen Nadeln, 2mm, Gr.0. Um feine Perlen zu verarbeiten kann man sowohl glatt als auch kraus rechts stricken, sonst rutschen die Perlen auf die falsche Seite.
Ich habe mir ein Mäander gesucht, als Zählmuster aufgezeichnet und losgelegt. Das Auffädeln ging ganz flott über eine Schlaufe aus einem Nähfaden, in den ich die Wolle gelegt habe. Im Netz hatte ich die Klebstoffvariante gefunden, kann ich aber nicht empfehlen.Dabei sog der Faden soviel Klebemasse auf, die dann das Auffädeln unmöglich machten. Mit glatten BW-Garn mag das vielleicht gehen.
man muß für solch einen Rand ci. 400-500 Perlen auffädeln. Da kann man sich vorstellen, wie viele das für einen kompletten Perlenbeutel sein mußten.









Es macht Spaßund durch die Mustersätze kommt man gut voran, ich werde das sicher in anderer Frabigkeit und etwas feinerer Wollqualität nochmal probieren, denn ich kenne einige Frostbeulen, die auf dieses Accessoire nicht mehr verzichten möchten .
Da ein Ausflug in die Geschichte zu diesem Thema zwingend dazu gehört, ist es dies wohl einer der längsten Posts hier im Blog

Wer sich an unserem Märzthema beteilligt hat, dass suschna für diesen Monat erwählt hat, könnt ihr bei ihr nachlesen. Ich wünsch uns eine spannenden textile Rundreise! Habt einen schönen Sonntag!


19 Kommentare:

  1. Deine Stulpen mit den Perlen sehen sehr, sehr edel aus...da wird man gern zur Frostbeule...LG Lotta.

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  2. Doch, ja. Ich finde gerade die zurückhaltende Farbigkeit sehr gut, allein der Kontrast zwischen den glatten Perlen und der Wolle ist schon sehr tragend. Auch das Muster lässt nichts mehr von den arg traditionellen Ursprüngen ahnen.
    (Allein schon die Tatsache, dass man sich in tagelanger Arbeit Handschuhe für den Kirchgang gestrickt hat- Wahnsinn. Heute undenkbar!)
    Danke, das ist ein toller Beitrag!

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  3. Ach toll, wie schön. Der Arp-Beutel, die Handschuhe und am Ende deine Stulpen. Alles drei finde ich wunderschön und inspirierend. Gut, dass du dich des Themas angenommen hast und praktische Erfahrungen weitergeben kannst. Auf die Sache mit dem Nähfaden zum Einfädeln wäre ich nicht gekommen. Ausflüge in die Geschichte könntest du von mir aus andauernd machen, kannst dir ja denken. Also Danke für deinen Beitrag!

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  4. Da erwischt du mich & erinnerst mich, dass ich über die gute Sophie Taeuber auch immer schon einen Post schreiben wollte...
    Textilarbeiten mit Perlen faszinieren mich auch schon von kleinauf, weil meine Mutter eine alte Penatendose mit Perlchen und kleinen Arbeiten über die Vertreibung & Flucht und die darauf folgende Heimatlosigkeit von mehreren Jahren hinweg gerettet & aufbewahrt hat.
    Da sollte ich mich auch mal wieder mit beschäftigen. Aber ich nähe halt immer in Hinblick auf Nutzeffekt..
    LG
    Astrid

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  5. Die sind aber edel geworden! Und mit dem graphischen Muster auch modern interpretiert. Das gefällt mir sehr gut. Und deinen historischen Ausflug muss ich mir unbedingt noch zu Gemüte führen. Danke!
    LG Ines

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  6. Wunderschön! Ein wärmendes Schmuckstück, sehr edel und schlicht, das begeistert mich!

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  7. Wunderschön, deine Stulpen.
    Und daß man mit Perlen stricken kann, war mir bisher völlig neu. Vielen Dank auch für den historischen Rückblick und die Bilder, ich fand deinen Beitrag sehr interessant.
    LG
    Marlene

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  8. Sehr sehr edel sehen Deine Stulpen aus!
    In meinem Fall wären das wohl wirklich eher welche für den Kirchgang(!)- habe meine Stulpen diesen Winter schon zwei Male verloren. Zwar wiederbekommen, aber die nervige Sucherei jedesmal ...
    viele Grüße!

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  9. Anhand von Ortsjubiläen tauchen im fränkischen hier und da auch mal Kurse für "Staucherli" auf, ich selbst durfte mal so einen wohlgehüteten Schatz im Rahmen einen Festzuges zu einer alten tragen. Das wqar Gänsehautfeeling und die Angst hoffentlich geht keine Naht auf am gesamten Gewand, denn mir mit XS wars schon eng.
    Das Muster war dreifarbig,, nur ja nicht verzhälen. Dein gezeigtes Buch gibt es bei uns auch in der Bibliothek und ich hab Teile der Vorlagen in reli-Strickmuster verwandelt.

    lg

    monika

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  10. Schlicht und edel deine Stulpen und was für eine Fleißarbeit, aber die hat sich auf alle Fälle gelohnt.
    LG Mirella

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  11. Wunderschön sind Deine Stulpen geworden, für Dich als Glaskünstlerin sicher ein besonderes Vergnügen mal wolliges mit Glas zu verbinden.
    Danke auch für Deine Recherchen, das Art-Deco-Täschchen ist toll.
    LG Ute

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  12. Sehr schön und informativ dazu... Soooo schöne Stulpen! Eine Frostbeule grüßt dich herzlich...

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  13. Deine Ausführungen habe ich mit großem Interesse gelesen, ebenso deine Stulpen bewundert. Das sind einzigartige Arbeiten. Super.
    kg
    Siebensachen

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  14. Für Ausflüge in die Geschichte bin ich ja immer zu haben. Die können gern auch lang sein. Deine moderne Umsetzung der Perlenstrickerei gefällt mir gut. Ich wäre ja schon beim Auffädeln gescheitert.
    Herzliche Grüße,
    Malou

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  15. Die sind sehrsehrsehr schön! Gerade in dieser Farbigkeit, edel, zurückhaltend und doch ein Hingucker!
    Liebe Grüße
    Moni

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  16. wow wow wow, kann ich da nur sagen.

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  17. Deine Stulpen sind sehr schön geworden. Ich habe diese Technik schon mal auf einer Messe gesehen und mich sehr dafür begeistert. Da es aber mit dem Stricken nicht so habe, habe ich mich dann nicht weiter damit beschäftigt.
    LG
    Kerstin

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  18. und ich muss mich Ulma anschliessen! Liebe Grüße!

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  19. Wundervoll, diese Stulpen mit den Perlenmändern. An Perlenstrickerei habe ich mich noch nicht getraut, ich glaube dazu fehlt mir die Geduld. Doch Dein herrliches Beispiel inspiriert ungemein.
    Liebe Grüsse,
    Claudine

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Ich freue mich, dass du dir die Zeit genommmen hast vorbei zu schauen und noch mehr über einen Kommentar. Danke!



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