Das erste Mal habe ich verstrickte Perlen vor vielen Jahren in einem Heimatmuseum gesehen, eine winzige Taufmütze aus feinstem Garn mit Mustern aus weißen Perlen. Das war so fein gearbeitet, dass ich nur staunen konnte. Es müssen superdünne Nadeln gewesen sein und das Garn nicht viel stärker als ein starker Nähfaden. Später sah ich dann auch Beutel, Theatertäschchen mit Perlen, die gestrickt, gehäkelt und aufgestickt waren. Für das Stricken mit Perlen gibt es für Stulpen und Beutel eine lange Tradition, die vorrangig in Süddeutschland und in Österreich beheimatet ist.
Besonders in Österreich scheint diese Technik noch ein wenig aktiv zu sein. z.B.Hier
Bei meiner Recherche zum Thema bin auf diese Seite gestoßen. Unbedingt ansehen, denn dort kann man eine tolle Sammlung von alten Perlenbeuteln bewundern .(unter anderem auch so ein Babymützchen, welches mich damals so fasziniert hat!) Frau Flügel-Eber ist auf uralte Mustervorlagen zum Beutelstricken gestoßen, die in Sachsen in Annaberg-Bucholz von Bruno Schneider entworfen worden sind. Das Auffädeln auf das Garn, um Bilder zu erzielen, ist sicher eine kleine Strafarbeit und wehe wer sich verzählt.
Im April gibt sie in Regensburg sogar Kurse in dieser alten Technik.
Hier noch ein historisches Stück, welches mir sehr gut gefällt.
Sophie Taubener-Arp, Beutel um 1918 , Peter Schächli, Zürich (entnommen aus einem Ausstellungsbeitrag über S-T.-Arp)
Diese ungewöhnliche Tasche ist schon vom Art-deco geprägt, die meisten alten Exemplare sind eher mit Blumen oder ornamentalen Motiven geschmückt.
Ich selbst besitze nur ein defektes Täschchen in schwarz-weiß, aber das ist weder gestrickt, noch gestickt, sondern irgendwie gewebt. So in der Art wie wir als Kinder Untersetzer aus Glas- oder Holzperlen gemacht haben. Ob es für diese Technik einen Namen gibt, weiß ich nicht, denn Perlenweben funktioniert anders.
Über gestrickte historische Stulpen ließen sich zwei Bücher finden.
Mit Perlen verstrickte Stulpen, die die verschiedenste Namen haben je nach Region wie z.B. Staucher, Stößer, Ärmlinge, Müffchen, Handschen, Rukawki (sorbisch)
lassen sich über Bildmaterial bis ins frühe 18. Jh. nachweisen. Sie wurden mit und ohnen Daumen gearbeitet, Ausnahmen sind komplette Handschuhe. Es gab sowohl ganz kurze, als auch ellenbogenlange Stulpen, die längeren wärmten auch in der kühleren Jahreszeit, da Oberteile oft nur bis zum Ellenbogen reichten. Der Aufwand der Arbeiten legt nahe, dass sie vorrangig zur Kirchgangs- und Festtagskleidung gehörten. Im süddeutschen, fränkischen und sorbischen Raum lassen diverse erhaltene Stücke finden.
Nach eigenem Entwurf wollte ich nun selbst Stulpen probieren. Rocailles habe ich ausreichend und dünne Wolle ließ sich auch finden. Gestrickt mit ganz feinen Nadeln, 2mm, Gr.0. Um feine Perlen zu verarbeiten kann man sowohl glatt als auch kraus rechts stricken, sonst rutschen die Perlen auf die falsche Seite.
Ich habe mir ein Mäander gesucht, als Zählmuster aufgezeichnet und losgelegt. Das Auffädeln ging ganz flott über eine Schlaufe aus einem Nähfaden, in den ich die Wolle gelegt habe. Im Netz hatte ich die Klebstoffvariante gefunden, kann ich aber nicht empfehlen.Dabei sog der Faden soviel Klebemasse auf, die dann das Auffädeln unmöglich machten. Mit glatten BW-Garn mag das vielleicht gehen.
man muß für solch einen Rand ci. 400-500 Perlen auffädeln. Da kann man sich vorstellen, wie viele das für einen kompletten Perlenbeutel sein mußten.
Es macht Spaßund durch die Mustersätze kommt man gut voran, ich werde das sicher in anderer Frabigkeit und etwas feinerer Wollqualität nochmal probieren, denn ich kenne einige Frostbeulen, die auf dieses Accessoire nicht mehr verzichten möchten .
Da ein Ausflug in die Geschichte zu diesem Thema zwingend dazu gehört, ist es dies wohl einer der längsten Posts hier im Blog
Wer sich an unserem Märzthema beteilligt hat, dass suschna für diesen Monat erwählt hat, könnt ihr bei ihr nachlesen. Ich wünsch uns eine spannenden textile Rundreise! Habt einen schönen Sonntag!