alles verwenden, nichts ver...
Der Anstups von Lucy doch mal gezielt zu zeigen, was man aus ungeliebten oder nicht mehr tragbaren Kleidungstücken machen kann und sich so dem Konsum zu entziehen, der uns vorrangig quantitativ bedrängt, schlägt Wellen. Weniger ist mehr!
Als Suschna hier geschichtsträchtig vom aufgetrennten Mantel berichtete, fiel mir ein, dass ich von meiner Großmutter ein paar ziemlich alte Modehefte geerbt habe, die natürlich aufgehoben werden. Allein als Zeitzeugen sind sie ziemlich aussagekräftig . Einige stammen aus den letzten Kriegsjahren bis 1945 und zeugen gleichzeitig von der Phantasie und dem Mangel an zu vernähendem Material. Da sie hervorragend zum Thema von Lucy passen, möchte ich sie Euch zeigen.
Ein immer wiederkehrendes Thema war in den Zeitungen "Nichts verschwenden, alles verwenden". Beschrieben wird welches alte , nicht mehr passende Kleidungsstück man auftrennen kann , um daraus ein komplett Neues zu nähen. Die Schnittmusterpläne zeigen es ziemlich deutlich.
Beigeistert hat mich auch die geringe Beschreibung des zu fertigen Kleidungsstückes. Es ist viel aufwändiger, als die üblichen Teile heute, aber die Beschreibung dafür verhältnismäßig gering.
Darin erkennt man, dass es grundsätzlich Kenntnisse gab, die keiner Erklärung mehr bedurften und natürlich, dass das Nähen und die Maßschneiderei noch das Gros der Bekleidung ausmachten. Etwas von der Stange war verpönt, undenkbar oder auch einfach nur in den Großstädten zu bekommen. (beim Anklicken vergrößern sich alle Bilder)
Etwas ganz Schwieriges war Wäsche, was wir uns so überhaupt nicht mehr vorstellen können. Es gab kaum Trikotware, von elastischen Fasern, wie wir sie heute kennen, ganz zu schweigen. So war dieses Heft sicher sehr nützlich und besonders wichtig. Über Wäsche in Mangelzeiten hatte ich mir bis dahin, ehrlich gesagt, kaum Gedanken gemacht.
Als Material werden schadhafte Unterkleider oder -röcke, alte Beinkleider, Prinzeßröcken(was immer das auch sein mag), Reste von Wäschestoffen, Herrenschlafanzüge u.v.m. genommen. Jede Art von Wäsche ist vertreten, die man fertigen kann: Unterkleider, Hemdchen, Schlüpfer(das wort Slip gab es im Sprachgebrauch noch nicht) Unterhöschen, Schlupfbeinkleider, Strumpfhaltergürtel , Büstenhalter, Bettjäckchen etc. Für vielfältige Abnutzungstellen werden Tips gegeben und genau beschrieben, wie man dieses erneuern kann, welche Teile von getragener Wäsche sich eignen für neue Teile. Liest sich richtig spannend!!!
Meine Mutti erzählte mal, dass sie als ganz kleines Mädchen Unterwäsche gestrickt bekam, die schrecklich kratzte. Könnt Ihr Euch das vorstellen? Damals gab es noch keine Babymerinowolle oder Alpaka zum Verstricken. Meine Töchter finden BW schon hart im Vergleich zu den Micro- Softfasern.
Hier nur ein Beispiel aus dem Heft wie man aus alten Pullovern Badebekleidung näht. Wie sich das in praktischer Nutzung anfühlte, möchte ich mir jetzt nicht ausmalen.
Da die Papierqualität dieser alten Hefte natürlich verheerend ist, ist zu befürchten, dass sie irgendwann ganz zerfallen, was sehr schade wäre. Ich überlege gerade, ob man es kopieren oder laminieren sollte.
Klingt aber auch irgendwie brutal.
11 Kommentare:
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solche hefte sind ja richtig spannend und sollten dringend aufbewahrt werden.
AntwortenLöschenkopieren und neu binden (lassen) wäre sicher gut. dann kann man mit den kopien arbeiten und die anderen gut aufbewahren.
liebe grüße katrin
Oh Karen, das ist ja ganz wunderbar! Vielen Dank für die Fotos und die Beschreibungen. Zum Glück habt ihr das aufgehoben. Ich würde auch alles kopieren oder einmal abfotografieren (macht natürlich viel Arbeit), bevor es ganz kaputt geht. Laminieren ist wahrscheinlich nicht so gut, muss ich mal einen Historiker-Freund fragen. Danke für die Mühe!
AntwortenLöschenSehr, sehr interessant! Die Schnittmuster sind ja wahre Stoffsparwunder, wenn man die Angaben zur Meterware liest. Ob man aus einem alten Mantel einen neuen zuschneiden könnte, hatte ich theoretisch überlegt - dabei wurde das tatsächlich gemacht. Badebekleidung aus Wolle hört sich fies (und kratzig!) an, aber so weit ich weiß war das wirklich das Material der Wahl - Wolle saugt sich nicht voll und leiert nicht aus, und Nylon, Perlon, Dederon kam ja erst in den 50ern. Nur dass gekaufte Badeanzüge sicherlich nicht die Dicke von alten Sportpullovern hatten...
AntwortenLöschenDanke fürs Ausgraben! (und ich wäre auch für kopieren bzw. scannen)
viele Grüße!
Vielen Dank fürs zeigen, das ist wirklich sehr spannend!Genial sind die Schnittmuster und die Bilder, wie die Teile aus den alten Kleidern ausgeschnitten werden Ich würde auch Kopien machen und die Originale gut aufheben.
AntwortenLöschenLG Mirjam
Danke für den Bericht! Ist ja wirklich hochinteressant. Ich kenne solche Hefte noch von der Freundin meiner Oma, die Schneidermeisterin in Freiburg war. Ich kenne ebenso diese Einstellung der damalaigen Zeit, aus der Not geboren, die die Damen dieser Generation auch nie wieder loswurden und ihre Nachkommen mit übertriebener Sparsamkeit oft auf den Senkel gingen. Man muss diesen Mangel einfach erlegt haben um so denken zu können. Ich fand es faszinierend, wie einfallsreich meine Oma immer improvisiert hat - beim Nähen, Flicken, auch biem Kochen (Ihre Desserts aus Resten waren berühmt). Und aus ausrangierten Sachen hat sie immer noch was herzustellen gewußt.
AntwortenLöschenliebe Grüße von Ellen
oh man, da würd ich auch gern mal drin stöbern! Ganz ganz toll!
AntwortenLöschenIch hab ein Buch über Papiertextilien, in dem auch kriegsbedingte Papier-Strick-Unterwäsche erwähnt wird.
Als Teenie hatte ich einen selbst gehäkelten Bikini, den meine Mutter toll fand, der aber -einmal nass- gerne am Grund des Beckens liegen blieb...hahahaa!
Oh wie cool! Solche Hefte hab ich auch zwei Stück - Der Titel hiess bezeichnenderweise "Frauenfleiss"... Muss mal stöbern gehen...
AntwortenLöschenLieben Gruss
Angela
Liebe Karen, ach, ist das ein schöner Schatz, ich habe auch so einige und schon überlegt, ob mal alle Seiten scannen und ein neues Buch daraus machen soll, aber das macht alles Arbeit... Danke noch für deinen Kommentar, das mit dem Award kann ich gut verstehen, ich hatte es beim ersten mal auch ignoriert.
AntwortenLöschenliebe Grüße Michaela
Danke für diese Bilder, ich habe irgendwo ein solches Heft zum Thema Dirndl nähen. Ich werde es suchen und zeigen. Meine Mutter hat die Kriegsjahre auch miterlebt und in meiner Familie wurde alles aufgehoben, wiederverwertet oder selbst gemacht. Als Kind fand ich das nicht so lustig, heute ist es eine "Nostalgische Fertigkeit" die ich schon genieße.
AntwortenLöschenDanke nochmal
Teresa
Liebe Karen,
AntwortenLöschenjetzt muß ich mich als Restauratorin doch einmal zu Wort melden...BITTE NICHT LAMINIEREN!! Und keine Reparaturen mit Tesafilm. Und selbstklebende Buchfolien sind auch des Teufels. Ich kann hier nur die Vorschläge sekundieren, die tollen Hefte zu fotografieren (besser als kopieren) und dann mit den Fotos zu arbeiten und die Originale im Dunkeln für besondere Anlässe aufzubewahren.
Viel Spaß mit den Schätzchen und Danke fürs Teilen!
Elke
Digitale Fotografien ermöglichen ausserdem mal einen schnellen Blick, wenn man sich später erinnert. Bei systematischer Ablage kann man sich so auch mal lange Blaetterei auf der Suche nach einer bestimmten Abbildung sparen.
AntwortenLöschenGruss aus Thüringen
Ute