Auf Reisen halte ich natürlich immer Ausschau nach Museen, die Textiles zeigen , aber es gibt auch Reisen, die extra wegen textiler Ausstellungen geplant werden. Es ist zunehmend sichtbar, dass Textiles und Mode nicht mehr nur als nette Staffage wahrgenommen werden , sondern ernsthaft kulurhistorisch hinterfragt werden.
Im Ausgburger Textilmuseum läuft noch bis Oktober eine Ausstellung über Mode im dritten Reich. "Glanz und Grauen". 2015 ist diese Ausstellung in Ratingen gezeigt worden, da habe ich es nicht geschafft, sie zu sehen.
Wer sich für Geschichte und Mode gleichermaßen ineressiert, für den ist diese Ausstellung ein lohnendes Ziel. Mit vielen originalen Stücken, von denen nur wenige hinter Glas sind, was immer besonders ist, darf man doch mal auf Zentimeter heran.
In drei große Abschnitte ist die Präsentation unterteilt und zeigt viele doch bis jetzt recht unterbelichtete Zusammenhänge zwischen der poltischen Ausrichtung und der Textilindustrie.
Daß z.B.der Einsatz bzw. die Beimischung von Kunstfasern auf diese Zeit zurückgeht, als eindeutige Mangelerscheinung bzw.Vorgabe, weil Importe von BW, Seide und Wolle bewußt extrem eingeschränkt wurden, um Devisen für anderes zu nutzen, war für mich ein ganz neuer Aspekt. Auch die permanente Sparsituation und Verwendung bzw. Umarbeitung von Altem, habe ich bisher in die Kriegszeit datiert, aber dort war sichtbar, dass man das schon viel zeitiger der Bevölkerung und dem Schneiderhandwerk aufgezwungen hat. Zugewiesene Meterlängen pro Quartal.
So gab es wirklich viele Ahaerlebnisse, die sehr eindrücklich waren und die Komplexität und Widersprüchlichkeit der Politik aufzeigten.
Man konnte auch in kopierten alten Mode- und Frauenzeitschriften blättern.
Es war verboten in der Ausstellung zu fotografieren, meine Freundin hat ein wenig gezeichnet. Nur einmal habe ich verschämt eine Figurine abgelichtet.
Auch Musik- und Filmsequenzen sind gut genutzt worden. Eine sehr gute und wichtige Ausstellung.
Die Daueraustellung haben wir uns natürlich auch noch gegönnt, aber nicht ganz so intensiv, denn irgendwann ist man nicht mehr aufnahmefähig. Ausgburg hat eine lange textile Tradition in der Kattunweberei und - druckerei. Aus dem Bestand der einst riesigen Firma sind 550 (!) Musterbücher im Zeitraum von 1783 bist 1993 erhalten in brillianter Farbigkeit, was natürlich ein sagenhafter Schatz ist. Ob den Textildesigner heute nutzen, ist mir nicht bekannt, aber die zwei Folianten mit Stoffmusterproben, die dort auslagen, waren sehr beeindruckend.
Auf dem Weg zur Unterkunft kamen wir durch kleine Gassen an diesem Schild vorüber.
Über die Hennen-Gedenktafel musste ich ja herzlich lachen... offensichtlich hat der Flugkapitän diesen Absturz ja überlebt.
AntwortenLöschenAber eine spannende Ausstellung hast du besucht, wirklich schade, dass Fotos nicht erlaubt waren. Interessant, was du über die Verwendung der Kunstfasern schreibst, dachte ich doch auch bisher, dass sie einfach nur in Mode kamen, weil bügelfrei und pflegeleicht.
Ach, das wäre auch eine Ausstellung für mich gewesen1
Schönen Sonntag - Ulrike
Sehr spannend!
AntwortenLöschenVielleicht schaffe ich das ja wieder...
Bon week-end!
Astrid
Oh Danke für den Tipp!
AntwortenLöschenDas ist ja quasi hier um die Ecke, das sollte bis Oktober klappen.
Danke für diesen tollen Bericht über die Ausstellung. Wie schön, dass vieles nicht hinter Glas war, denn da gehört Textiles auf keinen Fall hin.
AntwortenLöschenLiebe Grüße schickt
Christine
da entfuhr mir doch ein lauter lacher, als ich das schild las!! die armen hühnchen, das hatten sie sicher nicht erwartet!
AntwortenLöschendas textilmuseum hört sich in deinem bericht absolut sehenswert an und die geschichte der textilindustrie im besonderen. schade, dass der weg von hier aus so weit weg ist.
liebe grüße
mano
Danke, dass du das ausgekundschaftet hast und hier berichtest! Da weiß man gleich viel besser, ob es sich lohnt. Irgendwann werden die Museen dann auch verstehen, wie wichtig Fotos für das Marketing sind - in anderen Ländern sind sie da schon viel weiter.
AntwortenLöschenDanke für den Bericht, sehr interessant, dein Artikel - die Ausstellung hatte mich schon sehr interessiert, als sie in Ratingen lief (und ich habe es nicht geschafft), in einem längeren Bericht zur Ausstellung wurde nämlich darauf verwiesen, wie sehr die Mode auch zur Propaganda eingesetzt wurde - die deutsche Mode sollte der französischen den Rang ablaufen. Das war vollkommen neu für mich, man liest sonst immer nur (ich zumindest hatte das als Vorurteil im Kopf), das wäre alles Dirndl und Trachtenstil und möglichst bieder und praktisch gewesen. Daher glaube ich gerne, dass durch so eine differenzierte Ausstellung deutlich wird, dass es wie bei so vielem ein sowohl- als auch gab. Und das Museum scheint sich auch abgesehen von Sonderausstellungen sehr zu lohnen.
AntwortenLöschen@ Lucy
AntwortenLöschenDer Tracht war auch ein Abschnitt gewidmet und es ist wie bei vielen historischen Aspekten, wenn bestimmte Filmsequenzen x mal wiederholt werden zu einem Thema (ufa-Filme/Wochenschau), geht man davon aus,dass ist der Dreh-und Angelpunkt.Tracht war viel weniger ein Mittel, als von vielen gedacht und auch kein gewünschtes Ziel!
Oh wie spannend - Augsburg liegt ja nun wieder ganz in die andere Richtung. Ob ich da bis Oktober noch hinkomme ist zweifehlhaft, aber das Museum wandert jedenfalls auf meine textile Ausflugsliste! Danke für den Bericht, Beimischung von Kunstfaser ist ein Verbrechen. lg, Gabi
AntwortenLöschenIch finde mich mehr und mehr damit ab, es nicht überall selber hinzuschaffen... Da tut so ein toller Besuchsbericht gut und kompensiert das ein bisschen. Gibt's einen Katalog zu der Ausstellung? Ist ja ein spannendes Thema...
AntwortenLöschen@ Ghislana
AntwortenLöschenJa, es gibt einen Katalog, den ich auch erworben habe.Bildmaterial ist nicht so reichlich, aber der Rest schon.
Prima! Ich wohne in Augsburg...
AntwortenLöschenMit sonnigen Grüßen, Heidrun